Conny und die Sonntagsfahrer: Abenteuer auf vier Rädern und die Kunst des Entschleunigens

Der Motor brummt leise vor sich hin, während Conny gemütlich durch die kurvenreichen Landstraßen lenkt. Die Sonntagsfahrer sitzen entspannt im alten VW-Bus, lassen die Hektik des Alltags hinter sich und genießen jeden Kilometer ihrer gemeinsamen Reise. Was vor fünf Jahren als spontane Idee einer Handvoll Freunde begann, hat sich mittlerweile zu einem kleinen Phänomen entwickelt, das die Kunst des langsamen Reisens zelebriert.

Die Entstehungsgeschichte: Wie alles begann

„Eigentlich wollten wir nur einen Tag raus aus der Stadt“, erinnert sich Conny Schmidt, die Gründerin und Namensgeberin der Sonntagsfahrer. Was als einmalige Spritztour geplant war, entwickelte sich schnell zu einer regelmäßigen Tradition. Jeden letzten Sonntag im Monat treffen sich die mittlerweile zwölf Mitglieder, um mit ihren sorgsam restaurierten Oldtimern die versteckten Winkel Deutschlands zu erkunden.

Der Kern der Gruppe besteht aus Conny, einer passionierten Mechanikerin, dem Fotografen Markus, der Gastronomin Heike, dem pensionierten Lehrer Robert und der Landschaftsarchitektin Jana. Was sie verbindet? Die Liebe zum entschleunigten Reisen und zu alten Fahrzeugen mit Geschichte.

Die Oldtimer-Flotte der Sonntagsfahrer bei einem Picknick
Die liebevoll gepflegten Fahrzeuge der Sonntagsfahrer bei einer Pause im Grünen

Die Philosophie hinter den Sonntagsfahrern

Die Sonntagsfahrer sind mehr als nur ein Zusammenschluss von Oldtimer-Enthusiasten. Sie verkörpern eine Lebensphilosophie, die in unserer schnelllebigen Zeit fast vergessen scheint. „Wir fahren nicht, um anzukommen, sondern weil das Fahren selbst das Ziel ist“, erklärt Conny mit leuchtenden Augen.

Diese Einstellung spiegelt sich in allen Aspekten ihrer Ausflüge wider. Statt Autobahnen bevorzugen sie Nebenstraßen, statt GPS-Navigation nutzen sie klassische Landkarten, und statt schneller Imbisse genießen sie ausgedehnte Picknicks an den schönsten Aussichtspunkten.

Die durchschnittliche Geschwindigkeit ihrer Touren beträgt selten mehr als 60 km/h – nicht nur aus Rücksicht auf die betagten Fahrzeuge, sondern aus Überzeugung. „Bei dieser Geschwindigkeit siehst du Dinge, die dir sonst entgehen würden“, sagt Robert, der mit seinem mintgrünen VW Käfer von 1965 oft die Nachhut bildet.

„Die wahren Abenteuer finden nicht auf der Überholspur statt, sondern dort, wo man anhält, um den Moment zu genießen.“

— Conny Schmidt, Gründerin der Sonntagsfahrer

Ein typischer Sonntag mit den Sonntagsfahrern

Der Tag beginnt früh, meistens um sieben Uhr morgens an einer Tankstelle am Stadtrand. Nach einem gemeinsamen Frühstück bespricht die Gruppe die geplante Route – obwohl diese oft mehr Vorschlag als fester Plan ist. Spontane Abzweigungen und unerwartete Entdeckungen gehören zum Konzept.

Die Mittagspause findet typischerweise in einem kleinen Dorf statt, das die wenigsten Gruppenmitglieder vorher kannten. Die Ankunft der bunten Oldtimer-Karawane sorgt regelmäßig für Aufsehen und führt zu Gesprächen mit Einheimischen, die oft wertvolle Tipps für versteckte Sehenswürdigkeiten geben.

Ein fester Bestandteil jeder Tour ist das „Zufallsziel“ – ein Ort, der spontan am Morgen aus einem Hut gezogen wird. Diese unerwarteten Destinationen haben schon zu den schönsten Erlebnissen geführt: verlassene Schlösser, versteckte Badeseen oder Handwerksbetriebe, die ihre Türen an einem Sonntag eigentlich geschlossen halten, für die neugierige Gruppe aber eine Ausnahme machen.

  • Morgens: Treffen, Frühstück und Routenplanung
  • Vormittags: Gemütliche Fahrt auf Nebenstraßen mit Fotostopps
  • Mittags: Einkehr in lokale Gasthäuser oder Picknick aus dem Kofferraum
  • Nachmittags: Erkundung des „Zufallsziels“ und umliegender Sehenswürdigkeiten
  • Abends: Gemeinsamer Abschluss bei Sonnenuntergang, oft mit Gitarrenmusik und selbstgemachten Speisen

Die Herausforderungen des langsamen Reisens

Natürlich ist nicht alles romantisch beim Reisen mit Oldtimern. Pannen gehören zum Alltag, und jedes Mitglied der Sonntagsfahrer hat im Laufe der Zeit grundlegende Mechanikkenntnisse erworben. „Die Fähigkeit, einen Vergaser zu reinigen oder Zündkerzen zu wechseln, gehört mittlerweile zu meinen Basiskompetenzen“, lacht Jana, die vor ihrem Beitritt zur Gruppe kaum wusste, wie man eine Motorhaube öffnet.

Auch das Wetter spielt eine entscheidende Rolle. Bei Regen verwandeln sich die offenen Cabrios in kleine Badewannen, und im Winter kämpfen die alten Heizungen gegen die Kälte. Dennoch: Die Gruppe fährt bei (fast) jedem Wetter.

Eine weitere Herausforderung ist die Reaktion mancher Verkehrsteilnehmer. „Nicht jeder hat Verständnis für unsere gemächliche Geschwindigkeit“, erklärt Markus. „Aber wir haben gelernt, dass man mit einem freundlichen Winken und einem Lächeln die meisten Situationen entschärfen kann.“

Conny repariert einen Oldtimer am Straßenrand
Gemeinsame Pannenhilfe – ein fester Bestandteil jeder längeren Tour

Die Zukunft der Sonntagsfahrer

Trotz oder gerade wegen ihres anachronistischen Anstrichs wächst das Interesse an den Sonntagsfahrern stetig. Die Instagram-Seite der Gruppe zählt mittlerweile über 25.000 Follower, und immer mehr Menschen bewerben sich um eine Teilnahme an den Ausfahrten.

Die Kerngruppe bleibt jedoch bewusst klein. „Es geht uns nicht um Wachstum oder Kommerzialisierung“, betont Conny. „Wir wollen die Intimität und Spontaneität bewahren, die unsere Ausflüge so besonders machen.“

Dennoch haben die Sonntagsfahrer begonnen, viermal im Jahr öffentliche Ausfahrten zu organisieren, bei denen Interessierte auf eigene Faust mitfahren können – idealerweise in eigenen Oldtimern, aber auch moderne Fahrzeuge sind willkommen, solange ihre Fahrer die Philosophie des langsamen Reisens teilen.

Für die Zukunft plant die Gruppe, ihr Konzept in einem Bildband zu dokumentieren – nicht als Anleitung, sondern als Inspiration für alle, die dem Tempo des modernen Lebens zeitweise entfliehen möchten.

Die Magie der ungeplanten Momente

Was die Ausfahrten der Sonntagsfahrer so besonders macht, sind die ungeplanten Begegnungen und Entdeckungen. Da war der verpasste Abzweig, der sie zu einer versteckten Kapelle führte, in der gerade ein Kammerkonzert stattfand. Oder das spontane Picknick auf einer Wiese, die sich als Festgelände für ein Dorfjubiläum entpuppte – inklusive Einladung für die ganze Gruppe.

„Diese zufälligen Momente können nicht geplant werden, aber sie entstehen, wenn man offen und flexibel bleibt“, sagt Heike, während sie aus ihrem Proviantkorb selbstgebackenen Kuchen verteilt. „Ich glaube, das ist eine Lebensweisheit, die über unsere Sonntagsausflüge hinausgeht.“

Und so rollen die alten Motoren weiter, Sonntag für Sonntag, langsam aber stetig. In einer Zeit, in der Geschwindigkeit und Effizienz als höchste Güter gelten, erinnern Conny und ihre Sonntagsfahrer daran, dass manchmal der langsame Weg der reichhaltigste ist.

„Am Ende des Tages geht es nicht darum, wie viele Kilometer wir zurückgelegt haben, sondern wie viele Erinnerungen wir geschaffen haben.“

— Markus Weber, Fotograf und Chronist der Sonntagsfahrer

Wer Conny und die Sonntagsfahrer einmal selbst erleben möchte, findet Termine für die öffentlichen Ausfahrten auf ihrer Website. Doch selbst wer nie die Gelegenheit haben sollte, mit ihnen zu fahren, kann sich von ihrer Philosophie inspirieren lassen: Entschleunige, nimm Umwege in Kauf und halte die Augen offen für die kleinen Wunder am Wegesrand – sie machen jede Reise erst zu dem Abenteuer, das sie sein sollte.

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